„Da am Freitag Feiertag ist, fliege ich mit einer Freundin nach München. Wir waren beide noch nie zusammen weg und beide noch nie in München.“
„Oh ich mag München richtig gerne! Ich frage direkt mal meine Freunde, was sie an vegetarisch/veganen Empfehlungen haben!“
München ist wirklich eine meiner Lieblingsstädte in Deutschland. Zusammen mit Hamburg und Köln war es damals im Rennen, als ich mich entscheiden musste, wo meine Reise mich als nächstes hinführen sollte. Wie ihr wisst, ist es im Endeffekt dann trotzdem Köln geworden. Aber nicht, weil ich die anderen Städte weniger toll fand. Mehr aus Distanzgründen. Der Umzug damals war ein Schritt in Richtung Freiheit und Wachstum. Aber ich hatte auch Angst und war unsicher, Köln liegt nur eine Autostunde von meiner Familie entfernt, wohingegen Hamburg und München leider nicht so schnell anfahrbar waren. Mein damaliges näheres Umfeld konnte also schnell mal besucht werden. Ich muss dazu sagen, dass ich die Entscheidung nie bereut habe. Aber zurück zur eigentlichen Story hier!
Erst im Nachhinein fiel mir auf, dass ich mich gar nicht daran aufhielt, dass er sagte, er würde mit einer Freundin alleine fliegen.
In meinen vorherigen Beziehungen war ich oft eifersüchtig und misstrauisch gewesen. Zurecht, wohlgemerkt! Mein Gefühl hat mich nie im Stich gelassen, wie sich im Nachhinein herausgestellt hat.
Eine solche Aussage hätte mich damals verrückt gemacht. Aber dieses Mal: nichts. Ich vertraute ihm. Abgesehen davon, dass wir noch gar nicht besprochen hatten, worauf das zwischen uns hinauslaufen könnte, ob es exklusiv war, oder oder oder…
Ich wollte aber auch nicht wissen, wer die Freundin war, wie sie aussah und ob sie in einem Bett schlafen würden. Ich vertraute mir selbst noch nicht genug, um mit Sicherheit sagen zu können, dass es mit mehr Hintergrundinfos weiterhin okay wäre. Mir reichte mein Vertrauen in ihn aus und wenn er zurückkommen und mir verkünden würde, dass es zwischen den beiden gefunkt hätte, würde ich es eh nicht ändern können und ihm einfach viel Glück und Erfolg wünschen. Immerhin passiert alles aus einem Grund. Da spielte alles andere dann sowieso keine Rolle.
Wie dem auch sei – es war ja nichts passiert und ich musste den Teufel nicht vorher schon an die Wand malen.
„Ich würde dich wirklich gerne vorher nochmal sehen, wobei das bei unseren ganzen Aktivitäten schwierig werden könnte. Aber hast du Zeit und Lust auf ein Eis Mittwoch Abend? So gegen 21 Uhr?“
Eis? Da bin ich immer dabei!
„Klar, da brauchst du mich nicht zwei Mal fragen!“
„Es gibt da eine Eisdiele, die ich richtig gut finde. Sollen wir uns da treffen? Ich wollte dich auch noch was zu deiner Story von uns fragen. Mache ich dann auch am Mittwoch!“
Für alle, die sich schon immer gefragt haben, ob die Boys ihre Storys auch kennen? Wie sich herausgestellt hat: ja! Es haben doch so einige mitbekommen, dass ich schreibe… der Italiener (Part 1 und Part 2), P. (bis Kapitel 8), Otten (Part 1, Part 2, Part 3, Part 4), der Schwabe, Armani Boy und der Fotograf. Bei „Bauer oder Landwirt“ bin ich mir nicht ganz sicher… Von ihnen allen habe ich Feedback bekommen. Quasi.
J. habe ich die ersten beiden Kapitel aber bereits vorab zugesandt, so als „Absegnung“. Und bisher hatte er nichts auszusetzen, sondern immer nur Fragen. Dieses Ankündigen vorher machte mich verrückt. „Ich habe da noch Fragen zu.“ Hatte ich etwas falsch gemacht, gefiel ihm etwas nicht oder sollte ich etwas löschen? So lange wir uns trotzdem noch sehen würden, würde schon alles gut sein!
„Okay, dann brauche ich die Eiskugeln definitiv!“
Es war schön, zu wissen, dass ich dieses Mal nicht so lange warten musste, bis ich ihn wieder sah. Und auch bis ich wusste, was er von Kapitel 1 wissen wollte!
Ich las im Laufe des Tages erneut meine Worte und überlegte krampfhaft, was er mich wohl fragen wollen würde.
Und so langsam dämmerte es mir! Ich sprach in der Geschichte auch von dem Italiener, den ich kurz zuvor am Strand kennengelernt hatte. Wollte er womöglich wissen, ob ich ihn ebenfalls noch datete?
Dienstag Abend hielt ich es dann nicht mehr aus!
„Du, wenn es um den Italiener geht, dann solltest du wissen, dass ich keine andere Person treffe. Und falls deine Frage etwas anderes betraf, dann weißt du diesen Fact jetzt trotzdem und stellst mir alles Unbeantwortete einfach morgen!“ Bei einem Mann, der womöglich nicht bereit war, sich auf etwas oder jemanden einzulassen, würde meine Aussage womöglich Druck auslösen. Aber ich wollte dieses Mal von vornherein mit offenen Karten spielen. Und erwartete dies auch von meinem Gegenüber.
„Hahaha, Cynthia, du hast es ja nicht mal die 31 Stunden ausgehalten! Aber ja, es ging darum!“
Recht hatte er. Ich musste lachen. Aber ich war auch etwas beruhigt.
Mittwoch Abend war es dann so weit. Ich machte mich auf den Weg zu der Eisdiele, die er genannt hatte und wartete dort auf ihn. Dieses Mal war ich ausnahmsweise zu früh dran. Er hatte gesagt, dass er sich melden würde, sobald er los lief. Aber die Orte, die er aussuchte, lagen oftmals so blöd erreichbar von meinem zu Hause aus, dass ich beschlossen hatte, an dem Abend einfach schon früher loszugehen. Außerdem konnte ich so die Gegend ein wenig erkunden. Ich kam durch ihn in ganz neue Ecken von Barcelona und aus meinem gewohnten Trott heraus. Neue Cafés, Eisdielen, Restaurants, Gegenden, Parks,… zu erkunden, gehörte zu meinen Lieblinsgdingen und ich hatte die Erkundungstouren in letzter Zeit aus Gemütlichkeit eher schleifen lassen.
Als er ankam, hatte er wieder dieses Strahlen in seinem Gesicht. Seid ihr schonmal jemandem begegnet, dessen Gesicht sich immer erhellt, wenn dieser Mensch euch sieht? Falls nicht, dann wünsche ich euch genau das. Diese ehrliche Freude – da muss man einfach sofort Zurücklächeln!
„Tut mir Leid, dass ich zu spät bin!“
„Alles gut. Bist du nicht. Ich bin einfach zu früh. Du hattest ja vorher gesagt, dass du dich meldest, sobald du los gehst. Aber ich hab einfach nicht warten können!“
Wir stellten uns in der Schlange der Eisdiele an und ich studierte die Auswahl, um die Veganen Eissorten auszumachen. Ich hatte nicht sonderlich viel Hunger oder Appetit und entschied mich für eine Kugel – ich glaube es war Himbeere. Vor meiner Intoleranz liebte ich Amarena, Stracciatella und alle möglichen Nusssorten. Und seitdem wähle ich in den „normalen“ Eisdielen meist etwas fruchtiges – aka Himbeere. Schokolade oder Vanille war noch nie wirklich mein Ding gewesen, wenns nicht mit einer fancy Soße oder Streuseln bedeckt war.
Gegenüber der Eisdiele standen ein paar Tische und auch Parkbänke. Da die Tische und Stühle alle belegt waren, gingen wir rüber zu den Parkbänken. Ich nahm einen Löffel von meinem Fruchteis und fragte ihn nach seinem Tag.
Wir plapperten zu Beginn fröhlich vor uns hin, bis ich es nicht mehr aushielt und ihn darum bat, mir endlich seine restlichen Fragen zu stellen.
„Nein, es gibt nichts anderes. Es ging wirklich nur darum. Um mich selbst drauf einzustellen und zu erfahren, was dein Standpunkt ist. Aber zu wissen, dass du niemand anders triffst, macht es einfacher und ich weiß, worauf ich mich einlasse.“
Aus seiner Antwort und seiner Reaktion interpretierte ich, dass er ebenfalls nicht auf etwas Lockeres aus war sondern Daten wollte. Mich kennenlernen. Ob es jetzt zwischen uns im Endeffekt zu etwas führen würde oder nicht, blieb offen. Aber immerhin kannte er meine Absichten.
Er beugte sich zu mir vor und küsste mich.
In dem Moment hörte ich ein „Klick“.
Und die Wasserstrahler gingen an.
Zuerst dachte ich: Okay, wir sind in Spanien, es ist warm, die Blumen und Pflanzen um uns herum brauchen Wasser. Sie werden schon aufs Grünzeug ausgerichtet sein.
Der Wasserstrahl in meinem Gesicht, der direkt von vorne kam, sagte allerdings etwas anderes.
Um uns herum gingen plötzlich vier oder fünf Wasserstrahler an und sie spritzten zu allen Seiten. 360 Grad. Wir sprangen von der Bank auf und ich konnte kaum aufhören zu lachen! Das war doch wirklich ein Moment, wie im Film gewesen.
Wozu war eigentlich der Wasserstrahler genau vor uns gewesen? Da standen nicht mal Pflanzen!
J. schaute mich an: „Alles okay? Du bist ja richtig nass geworden.“ Er zog sein Hemd aus, dass er übergeworfen hatte und trocknete mir mein Gesicht vorsichtig ab.
„Alles in Ordnung. Mir gehts gut, wirklich! Erinnerst du dich noch daran, dass ich dir gesagt habe, dass sich unsere Dates wie im Film anfühlen? Na wenn das nicht mal Hollywood war!“
Wir lachten. Dann küsste er mich wieder. „Magst du noch eine Runde spazieren gehen?“
Ja, wollte ich. Unbedingt. Ich wollte noch nicht nach Hause und ich wollte noch nicht von ihm weg.
Planlos liefen wir Arm in Arm durch die Gegend. Blieben an roten Ampeln stehen und an Straßenecken. Einfach nur, um uns zu umarmen. Zu küssen. Oder uns etwas zu erzählen.
Es wurde immer später und später, aber ich wollte wirklich nicht nach Hause.
An einer Ecke blieben wir erneut stehen. Inzwischen war es ein Uhr in der Früh und wir mussten beide am nächsten Tag arbeiten.
Ich überlegte, ob ich ihn nicht fragen sollte, ob er mit zu mir nach Hause kommen wollte. Aber ich war nicht bereit. Noch nicht.
Also verabschiedeten wir uns.
Er ging zu sich nach Hause und ich zu mir.